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Rio Reiser Platz in Berlin

1. November 2019

Rio Reiser Platz in Berlin

Entscheide mit am 7. November 2019 ab 19.00 Uhr im Aquarium. Nicht am Ende der Welt, sondern mitten in Kreuzberg könnte ein Platz nach Rio Reiser benannt werden. 

„Kein Platz für uns in den Wäldern kein Platz für uns auf dem Feld kein Platz für uns auf der Mondsichel kein Platz bis ans Ende der Welt Kein Platz für uns in den Bergen kein Platz wohin der Schatten fällt kein Platz für uns in keinem Land kein Platz am Ende der Welt …“, Rio Reiser in „Bis ans Ende der Welt“ 1987

Nicht am Ende der Welt, sondern mitten in Kreuzberg könnte ein Platz nach Rio Reiser benannt werden. Die BVV Friedrichshain-Kreuzberg hat bereits beschlossen, dass an Rio Reiser, der im nächsten Jahr seinen 70. Geburtstag feiern würde, hier in Kreuzberg, wo er lange gelebt und gewirkt hat, erinnert werden soll. Und ebenso, dass die Entscheidung, wo, wie und in welcher Form, gemeinsam mit und von den Bürger*innen des Bezirks, den Freund*innen und der Familie von Rio Reiser, der Band Ton Steine Scherben und anderen Weggefährt*innen getroffen werden soll.

Bereits im letzten Jahr gab es hierzu eine schriftliche Umfrage, in der Bürger*innen von SO36 ihre Präferenz für einen der bislang zur Diskussion stehenden Vorschläge ausdrücken konnten.

Das Ergebnis: 33 % befürworten die Umbenennung des Heinrichplatzes
30 % wünschen sich ein Denkmal oder eine Gedenkinstallation
25 % befürworten die Umbenennung eines Teils des Mariannenplatzes
12 % wollen keine Ehrung im öffentlichen Raum

Am 7. November 2019 findet eine öffentliche Veranstaltung statt, bei der diese Vorschläge diskutiert und gegebenenfalls auch neue Vorschläge eingebracht werden können. Am Ende stimmen alle Anwesenden gemeinsam darüber ab, wie Rio Reiser in unserem und durch unseren Bezirk geehrt werden soll.

Gestaltet wird die Veranstaltung unter anderem von Familienmitgliedern, Weggefährt*innen, Mitgliedern der Band Ton Steine Scherben, der Berliner Geschichtswerkstatt, der Bezirksverordnetenversammlung und dem Bezirksamt von Friedrichshain- Kreuzberg. Die Abstimmungsergebnisse werden neben der schriftlichen Befragung des letzten Jahres die Grundlage für eine entsprechende Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kultur und Bildung an die BVV sein.

Die Ehrung für Rio Reiser könnte im Herbst des nächsten Jahres, – quasi als Geschenk zu seinem 70. Geburtstag –, im Rahmen einer Veranstaltungsreihe und eines Konzerts zu 50 Jahren Ton Steine Scherben zelebriert werden.

Rio Reiser war einer der markantesten deutschen Musiker. Geboren wurde er als Ralph Christian Möbius am 9. Januar 1950. Seinen bürgerlichen Namen änderte er in Anlehnung an die Hauptfigur des Romans „Anton Reiser“ von Karl Philipp Moritz in Rio Reiser. 1967 zog er nach West-Berlin und gründete dort mit R.P.S. Lanrue, Kai Sichtermann und Wolfgang Seidel im August 1970 die Band Ton Steine Scherben in der Kreuzberger Oranienstraße 43. Ihr Song „Keine Macht für niemand“ wurde zur Hymne einer aufbegehrenden Jugend, die Mitsprache und Autonomie einforderte. Derweil entwickelte sich die WG am Tempelhofer Ufer 32 zu einem Anlaufpunkt für jugendliche „Trebegänger*innen“ und politische Aktive. Mit dem 1971 entstandenen „Rauchhaus-Song“, der die Besetzung des ehemaligen Schwesternwohnheims des Bethanien-Krankenhauses beschreibt, erreichten die Scherben Kultstatus. Nach einer zwar von der Publikumsnachfrage erfolgreichen, aber finanziell desaströsen Tournee löste sich die Band 1985 auf. Rio Reiser begann eine Solokarriere, bei der er das Image eines nur auf explizit politische Lieder abonnierten Sängers abschütteln konnte.

„Ich bin nicht krank, weil ich Dich liebe / Du bist nicht krank, wenn Du mich liebst / (…) Ja ich bin vom anderen Ufer …“. Um sein Schwulsein hat Rio Reiser kaum Aufhebens gemacht. Gerade deshalb wurde er in einer Zeit, in der es noch keineswegs selbstverständlich war, dies offen zu leben, zu einem ermutigenden Vorbild für viele gleichgeschlechtlich Liebende*. Seine einfühlsamen Texte und sein ausdrucksstarker Gesang sprechen bis heute Menschen unterschiedlichen Alters und politischer Einstellung an. Als Rio Reiser am 20. August 1996 in Fresenhagen starb, trauerte das halbe Land um ihren „König von Deutschland“.